Bodenseevermessung übertrifft Erwartungen

Langenargen, 11. September 2015 – Wie der Grund des Bodensees aussieht, ist jetzt kein Geheimnis mehr: Ein internationales Forscherteam hat im Auftrag der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) in den vergangenen drei Jahren den Bodensee mit modernster Technik neu vermessen.  Jetzt liegen die Ergebnisse aus dem von der EU geförderten Projekt „Tiefenschärfe – Hochauflösende Vermessung Bodensee“ vor –  und alle Beteiligten rund um den See sind begeistert.

Erstmals haben Wissenschaftler beim Projekt „Tiefenschärfe – Hochauflösende Vermessung Bodensee“ ein Gewässer dieser Größenordnung mit der Kombination eines hochmodernen Fächerecholots und einem Laserscanner vermessen. Die Messungen vom Forschungsschiff  „Kormoran“ und dem Flugzeug aus lieferten einen riesigen Datensatz mit enormer Datendichte, den das Projektteam in den vergangenen Monaten zu einem detailgenauen 3D-Geländemodell für den See und seine Ufer zusammengeführt hat. „Die Daten und Ergebnisse leisten einen langfristigen Beitrag zu Natur- und Denkmalschutz, Tourismus, Gefahrenabwehr und Gewässerunterhalt am Bodensee und werden auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt“, erläutert der Vorsitzende der IGKB, Herr Dr. Elmar Zech aus Bregenz. „Die hohe Qualität und Stimmigkeit der Daten haben unsere Erwartungen weit übertroffen“, erklärt Projektkoordinator Dr. Martin Wessels vom Institut für Seenforschung in Langenargen. „Wir haben den Bodensee auf völlig neue Weise kennengelernt und sind auf viele spannende Details gestoßen.“

Überraschungen im Bodensee

Bei der Neuvermessung des Bodensees erlebten die Forscher einige

Überraschungen. So hat das „Tiefenschärfe“-Team aus mehr als sechs Millionen Datenpunkten in über 250 Meter Wassertiefe errechnet, dass der Bodensee an seiner tiefsten Stelle 251,14 Meter unter dem mittleren

Wasserstand misst – und nicht wie bei der letzten Messung im Jahr 1990 festgestellt 253,55 Meter. Bei den Abweichungen muss natürlich der heute kleinere Messfehler (ca. 0,5 m) berücksichtigt werden. Entlang des Schweizer Seeufers – besonders zwischen Romanshorn und Güttingen – fand das Forscherteam eine größere Anzahl unbekannter Erhebungen, deren Entstehung von Taucharchäologen geklärt wird. Für Rätselraten sorgten auch bislang unbekannte rundliche Strukturen entlang der Ufer des Gnadensees sowie die vielfältigen kraterartigen „Pockmark“Strukturen an den Hängen des Sees.

Doch nicht nur solch spektakulären Funde, sondern vor allem der unerwartete Formenreichtum des Seebodens selbst begeisterten das Vermessungsteam und die Projektunterstützer aus den Vermessungsverwaltungen der Anrainerländer. Die Kartierung zeigt Canyons und Hügel, Flussläufe und Hangrutschungen, deren genaue Analyse Hinweise auf jahrtausendealte seismische Aktivitäten oder die Wahrscheinlichkeit neuer unterseeischer Hangrutschungen liefern können. Genau vermessen wurden erstmals auch sogenannte „Megarippel“. Das sind hunderte Meter lange, nur wenige Dezimeter hohe „Unterwasserdünen“, deren Geometrien und Entstehung nun näher untersucht werden können. 

Erste Folgeprojekte gestartet

Besonders stolz sind die Projektbeteiligten, dass jetzt schon zwei Anschlussprojekte auf der Basis von Tiefenschärfe-Daten auf den Weg gebracht wurden. Das Projekt „Seezeichen“ erforscht bei den Echolotmessungen entdeckte mutmaßliche Grundwasserzutritte am Seeboden und will diese bis März 2018 lokalisieren und charakterisieren. Erwartet werden wertvolle Erkenntnisse zur Bedeutung der Grundwasserqualität für den Trinkwasserspeicher Bodensee. Das Forschungsvorhaben „HyMoBioStrategie“ untersucht seit April dieses Jahres die Auswirkungen der durch den Menschen verursachten Veränderungen in der Uferzone (z.B. Mauern, Hafenanlagen oder Renaturierungen), um nicht erwünschte Auswirkungen solcher Baumaßnahmen weiter zu verringern. Hier dienen die Tiefenschärfe-Daten als Referenz für Prozessstudien und neu zu entwickelnde Messsysteme. 

Auch etliche Behörden, Institutionen und die Wasserwirtschaft profitieren bereits von den Daten aus dem Projekt Tiefenschärfe – sei es bei der Aktualisierung der Geobasisinformationen der Vermessungsverwaltungen, bei der Standortbestimmung für eine neue Wasserentnahmestelle, für Leitungsverlegungen durch den Seerhein und den Untersee oder die Bewertung von Baumaßnahmen am Seeufer. „Die Daten sind wichtige Grundlage für die nationalen Stellen aber auch für die Arbeit der IGKB“, erläutert Dr. Elmar Zech abschließend.

Weitere Informationen:
www.tiefenschaerfe-bodensee.info

In Kürze: Das Projekt „Tiefenschärfe – Hochauflösende Vermessung Bodensee“

Mit hochmoderner Technik wurde der Bodenseegrund zwischen 2013 und 2015 neu vermessen und kartiert. Das grenzübergreifende, von der EU geförderte Projekt „Tiefenschärfe – Hochauflösende Vermessung Bodensee“ lieferte ein detailgenaues 3D-Modell des Seebeckens. Die Datendichte ist dabei um das hundert- bis tausendfache höher als beim letzten Aufmaß von 1990. Initiiert wurde das Projekt von der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) die sich aus Vertretern Bayerns, BadenWürttembergs, Österreichs und der Schweiz zusammensetzt und sich für den Schutz des Bodensees engagiert. Seit Mitte 2015 stehen die Ergebnisse zur Verfügung. Betreut wurde das Projekt vom Institut für Seenforschung Langenargen (ISF) der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW). Die Europäische Union förderte das Vorhaben im Rahmen ihres Regionalprogramms Interreg IV und würdigte das Projekt als Beitrag zum Erhalt der natürlichen Ressourcen und des kulturellen Erbes sowie zum Schutz vor Naturgefahren. Projektträger war die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB), unterstützt wurde das Projekt von den Vermessungsverwaltungen der Länder.

Projektleitung

Institut für Seenforschung der LUBW

Argenweg 50/1 D-88085 Langenargen

www.lubw.baden-wuerttemberg.de 

 

Projektpartner

 

Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz BadenWürttemberg (LUBW), www.lubw.bwl.de

 

Bayerisches Landesamt für Umwelt LfU (D), www.lvg.bayern.de

 

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

Umwelt und Wasserwirtschaft (A), www.bmlfuw.gv.at

 

Bundesamt für Umwelt BAFU (CH), www.bafu.ch

 

Projektunterstützer

Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung 

Baden Württemberg (LGL BW)

www.lgl-bw.de

 

Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, Alexandrastraße 4, 80538 München www.vermessung.bayern.de 

 

Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen Österreich (BEV) www.bev.gv.at 

 

Bundesamt für Landestopografie swisstopo in der Schweiz www.swisstopo.admin.ch 

 

Fächerecholot

Universität Bern, Institut für Geologie, Oeschger Zentrum für

Klimaforschung, www.geo.unibe.ch,www.oeschger.unibe.ch 

 

Laserscanning

 

AirborneHydroMapping GmbH, Innsbruck, www.ahm.co.at

Qualitätskontrolle

 

Universität Bremen, MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, www.marum.de

 

Öffentlichkeitsarbeit

LORTH GESSLER MITTELSTAEDT GmbH, www.lgm.info 

Weitere Informationen:

www.igkb.org

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Ansprechpersonen

Vorsitzender & Delegationsleiter Bayern:

Dr.-Ing. Martin Grambow
Bayer. Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, München
Tel: +49(0)89/9214 4300
Email: Martin.Grambow@stmuv.bayern.de

Delegationsleiter Schweiz:

Dr. Stephan R. Müller
Bundesamt für Umwelt, Bern
Tel: +41(0)31/322 93 20
Email: stephan.mueller@bafu.admin.ch

Delegationsleiter Baden-Württemberg:

Dipl.-Ing. Peter Fuhrmann
Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
Tel: +49(0)711/126 1500
Email: peter.fuhrmann@um.bwl.de

Delegationsleiter Österreich:

Bezirkshauptmann Dr. Elmar Zech
Bezirkshauptmannschaft Bregenz, Bregenz
Tel: +43(0)5574/4951 52000
Email: elmar.zech@vorarlberg.at