Ungewisse Zukunft für populäre Bodensee-Fischart

Die Seeforelle gilt als Aushängeschild. Und sie stellt eine Erfolgsgeschichte dar: Nachdem sie praktisch aus dem Bodensee verschwunden war, haben sich ihre Bestände wieder erholt. Nun aber drohen neue Gefahren - unter anderem als Folge des Klimawandels. Darauf machen zwei Organisationen in einer Kampagne aufmerksam, die sie rechtzeitig zur Laichsaison des Fisches lancieren.

Bis zu 15 Kilogramm schwer und über einen Meter lang wird der majestätische Fisch. Die Seeforelle strotzt vor Kraft und von den Angelfischern wird sie gerne «Silberbarren» genannt. Die Bedeutung des Fisches geht weit über seine attraktive Erscheinung hinaus. Die Seeforelle gilt als »Flaggschiffart» für den Gewässerschutz am Bodensee und in seinen Zuflüssen. Die Ansprüche der Seeforelle an ihren Lebensraum sind nämlich weit grösser als jene der meisten anderen Fischarten. Seeforellen leben nur dort, wo die Wasserqualität gut ist, wo sie sich ungehindert zwischen See und Fluss bewegen können, wo sie zu geeigneten Laichplätzen aufsteigen können und wo die Lebensbedingungen für die Jungfische gut sind. «Die Seeforelle ist ein hervorragender Indikator für den Zustand der Gewässer, in denen sie lebt», erklärt Konrad Rühl von der Internationalen Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF).

Heute ist der Zustand des Bodensees und der meisten seiner Zuflüsse wieder so gut, dass sie der Seeforelle einen geeigneten Lebensraum bieten. Der in den 1980er Jahren beinahe ausgestorbene Fisch ist zurück – eine Erfolgsgeschichte!

Die IBKF startete zu Beginn der 1980er Jahre - sozusagen fünf vor zwölf - ein Seeforellen-Schutzprogramm. Schonbestimmungen wurden verschärft, Schongebiete eingerichtet, gezielter Laichfischfang durchgeführt und ein Aufzucht- und Besatzprogramm konzipiert und umgesetzt. Darüber hinaus setzten sich die IBKF und die Internationale Gewässerschutz­kommission für den Bodensee (IGKB) gemeinsam für die Beseitigung von Wanderhindernissen ein – auf ganze Einzugsgebiete bezogen und über die Landesgrenzen hinweg. Entscheidend ist die gute Zusammenarbeit zwischen Behörden der Länder und Kantone sowie den Kraftwerksbetreibern. Zur Fortpflanzung müssen die Seeforellen im Spätherbst zu ihren Laichplätzen aus dem See in dessen Zuflüsse wandern. Doch aufgrund der zunehmenden Anzahl an Wehren und anderen Hindernissen im Längsverlauf der Gewässer, war dies immer schlechter möglich.

Künstliche Hindernisse beeinträchtigen Fischwanderung

Obwohl sich die Situation dank der vereinten Anstrengungen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat, ist sie für die Fischwanderung noch nicht ideal. Die Seeforellen können noch nicht alle ehemaligen Laichgebiete erreichen. Noch gibt es auf dem Weg dorthin und später wieder flussabwärts viele künstliche Hindernisse, die von den Seeforellen nicht oder nur eingeschränkt passiert werden können.

Es ist wichtig, auch die verbleibenden Hindernisse möglichst rasch zu sanieren, denn mit dem Klimawandel drohen zusätzliche Belastungen. Im Herbst 2018 hatten der tiefe Pegelstand im Bodensee und der sehr geringe Abfluss in den Zuflüssen zur Folge, dass die Seeforellen ihre Laichplätze nur noch erschwert erreichen konnten. Der Einstieg in die Zuflüsse war kaum noch möglich. Beim Kraftwerk Reichenau, wo im langjährigen Durchschnitt rund 800 Fische pro Jahr gezählt werden, die vom Bodensee nach Graubünden aufsteigen, registrierte man im vergangenen Jahr nur noch halb so viele. Wie sich die diesjährige Fischwanderung gestaltet, bleibt abzuwarten; die Wanderung der Seeforellen im Alpenrhein erreicht ihren Höhepunkt in der Regel gegen Ende Oktober.

Broschüre und Film über die Seeforelle

Es scheint, dass dem Aushängeschild der Bodenseefische neben traditionellen Schwierigkeiten auch neue Herausforderungen zu schaffen machen. Viele neue Arten sind in den See eingewandert und verändern dort das ökologische Gefüge. Auch der fortschreitende Klimawandel wirkt sich tendenziell negativ auf den Bestand der Seeforellen aus. Künftig werden sehr wahrscheinlich nicht nur längere Trockenphasen mit tiefem Wasserstand in den Zuflüssen, wie im Herbst 2018, häufiger - es werden auch die winterlichen Hochwasserereignisse zunehmen. Das kann fatale Folgen für die Seeforellen haben, da deren Gelege in den Kiesbänken der Flüsse durch Winterhochwässer zerstört werden können. Umso wichtiger ist die Anbindung der kleineren Seitengewässer, die von den Überflutungen weniger stark betroffen sind. «Wenn die Seeforelle intakte und vernetzte Lebensräume vorfindet, kann sie mit diesen neuen Herausforderungen besser umgehen», sagt Stephan Müller von der IGKB.

In einer Kampagne setzen sich IGKB und IBKF gemeinsam dafür ein, dass die Maßnahmen zum Schutz der Gewässer und der Fischerei auch künftig weiter vorangetrieben werden. «Geht es der Seeforelle gut, profitieren auch die übrigen Fischarten und Wasserlebewesen», betonen Stephan Müller und Konrad Rühl. Um die Bedeutung der Seeforelle einem breiteren Publikum bewusst zu machen, haben IGKB und IBKF einen Film und eine Broschüre veröffentlicht. Titel: «Die Bodensee-Seeforelle – Geschichte, Schutz und Zukunft einer geheimnisvollen Fischart.»

Die Broschüre kann hier gratis heruntergeladen oder gratis bezogen werden bei:

Gaëlle Pauquet
Kanton St. Gallen, Amt für Wasser und Energie
Lämmlisbrunnenstrasse 54
9001 St. Gallen
Tel.: +41 58 229 28 64
E-Mail: Gaelle.Pauquet@sg.ch

Der Film kann hier heruntergeladen werden.

Weitere Informationen:

www.igkb.org

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Ansprechpersonen

Vorsitzende der Kommission IGKB: 

Dr. Stephan R. Müller
Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern, Schweiz
Tel.: +41 (58) 462 93 20
E-Mail: stephan.mueller@bafu.admin.ch

Vorsitzende der Kommission IBKF:

Dr. Konrad Rühl
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Deutschland
Tel.: +49 711 126 22 80
E-Mail: konrad.ruehl@mlr.bwl.de

Weitere Informationen:
www.igkb.org und www.ibkf.org