Mikroplastik im Bodensee (Januar 2020)

Kunststoffe sind aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die weltweite Plastikproduktion erreichte 2017 fast 350 Millionen Tonnen, mit steigender Tendenz [1]. Durch verschiedene Eintragsquellen gelangen Kunststoffe in aquatische Systeme und können dort aufgrund ihrer meist geringen Abbaubarkeit über Jahrzehnte verbleiben.

 

Begriff Mikroplastik

Als Mikroplastik werden allgemein Kunststoffteile unterschiedlichster Zusammensetzung und Eigenschaften mit einer Partikelgröße kleiner 5 mm bezeichnet [2,3]. Des Weiteren wird, aufgrund der Entstehungswege, zwischen primärem und sekundärem Mikroplastik unterschieden.

Primäres Mikroplastik umfasst Partikel, die von der Industrie gezielt in Größenklassen kleiner 5 mm gefertigt und z.B. Reinigungsmitteln, Kosmetika und Schleifmitteln zugesetzt werden. Sekundäres Mikroplastik hingegen entsteht aus unsachgemäßer Entsorgung, durch äußere Einflüsse wie mechanische Reibung oder UV-Licht.

 

Eintragsquellen

Der Eintrag von primärem Mikroplastik erfolgt vor allem mit dem häuslichen oder gewerblichen Abwasser, der von sekundärem Mikroplastik dagegen meist über diffuse Pfade. Auch wenn die Eintragsquellen von Mikroplastik in die Umwelt und speziell in Gewässer bekannt sind, sind quantitative Aussagen zu den Mengen schwierig. Schätzungen zufolge wird mehr als ein Viertel des primären Mikroplastiks durch Reifenabrieb, besonders durch PKWs, verursacht. Aber auch die Freisetzung bei der Abfallentsorgung oder der Abrieb von Bitumen im Asphalt stellt einen wesentlichen Beitrag dar. Außerdem spielt auch der Zusatz von Mikroplastik in Kosmetika und das Waschen von synthetischen Textilien, wobei Fasern ins Wasser gelangen, eine Rolle, um nur ein paar der Eintragsquellen aus dem Alltag zu nennen [4].

 

Nachweisverfahren

Im Gegensatz zum marinen Bereich erfolgen systematische Untersuchungen zu einer möglichen Belastung mit Mikroplastik in Binnengewässern erst in jüngerer Zeit. Für zahlreiche Gewässer liegen erste Untersuchungen vor. Weil die Nachweisverfahren aber noch zu wenig standardisiert sind, erschwert sich ein flächendeckender Vergleich der Studien. Zum gegenwärtigen Kenntnisstand ermöglichen nur spektroskopische Verfahren eine eindeutige Identifizierung und Charakterisierung einzelner Mikroplastikpartikel. Diese sind noch sehr aufwendig und kostenintensiv.

 

Untersuchungen im Bodensee

Im Rahmen eines bundesländerübergreifenden pilothaften Untersuchungsprogramms in Deutschland wurden im Jahr 2015 in Baden-Württemberg u.a. an zwei Messstellen im Bodensee Mikroplastikuntersuchungen in der oberflächennahen Wasserphase durchgeführt [5]. Die Probenahme im Bodensee wurde vom Forschungsschiff „Kormoran“ des Instituts für Seenforschung Langenargen aus mit einem speziellen Schleppnetz, dem sogenannten „Mini-Manta“-Trawl (Abb. 1), durchgeführt. Filtriert wurden jeweils die obersten 15 cm des Wasserkörpers und die Proben anschließend mit FTIR-Spektroskopie detailliert hinsichtlich Polymertyp, Größe und Form analysiert. Die im Bodensee festgestellten Gehalte an Mikroplastik von 20 µm - 5 mm Partikelgröße lagen bei 5 (Friedrichshafen) bzw. 18 (Romanshorn) Partikeln/1‘000 Liter Wasser (0,8 bzw., 2,6 Partikeln/m2 Wasseroberfläche) und damit im Vergleich zu anderen untersuchten Messstellen im niedrigen Bereich. Am häufigsten wurden die Kunststoffe Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) nachgewiesen, die in Europa zu den meist verwendeten gehören. Etwa 62 % der gefundenen Mikroplastikpartikel lagen in der Größenordnung 20 – 300 µm. Diese Größenklasse findet sich aufgrund der zunehmenden Zusetzung des Netzes mit organischem bzw. anorganischem Material während der Probenahme bzw. Anhaftung an Laub, Ästen oder größeren Plastikpartikeln mit in den Proben.

Aktuelle Untersuchungen in vier bayerischen Seen (Chiemsee, Sternberger See, Ammersee, Altmühlsee) zeigten Mikroplastik-Konzentrationen zwischen < 1 und maximal 42 Partikeln/1‘000 l (Median 4 Partikel/1‘000 l) in oberflächennahen Wasserproben. Wie im Bodensee stellte das sehr kleine Mikroplastik zwischen 20 und 300 µm die dominierende Größenfraktion dar [6].

Untersuchungen der Fischereiforschungsstelle Langenargen zur möglichen Belastung von Fischen durch Mikroplastik im Bodensee und fünf weiteren Seen in Baden-Württemberg zeigen, dass der Anteil an Fischen, die Mikroplastik aufgenommen haben und auch die Menge an aufgenommenem Plastik vergleichsweise gering sind. Für alle untersuchten Seen war der Anteil an Fischen, die Plastik enthielten kleiner als 20 % [7].

 

Auswirkungen

Fest steht, dass Mikroplastik in Binnengewässern in geringen Konzentrationen weit verbreitet ist. Verschiedenste Organismen (z.B. Vögel, Fische, Krebstiere) nehmen Mikroplastik auf und können dieses anreichern. Die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Umwelt sind weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Nach dem heutigen Stand des Wissens ist bei den aktuellen Konzentrationen von Mikroplastik im Bodensee von keiner relevanten Beeinträchtigung für aquatische Organismen auszugehen. Auch für den Menschen ist auf Grund des Einsatzes bewährter Aufbereitungsverfahren zur Partikelrückhaltung das Gesundheitsrisiko durch Mikroplastik über den Eintragspfad „Trinkwasser aus dem Bodensee“ nach derzeitigem Wissen vernachlässigbar.

 


Fazit

Auch wenn Mikroplastik im Bodensee gefunden wurde, ist die Menge gering. Ein regelmäßiges Monitoring im Bodensee wird daher als nicht notwendig erachtet. Dennoch wird diese Thematik auch weiterhin beobachtet. Mikroplastik im Bodensee stellt zwar derzeit kein prioritäres Wasserqualitätsproblem dar, allerdings ist es unerwünscht und sein Eintrag in Gewässer sollte möglichst vermieden werden. Hierfür muss an den Eintragsquellen angesetzt werden, damit weniger Mikroplastik in die Umwelt gelangt.

 

Literatur
[1] PlasticsEurope (2017): Plastics – the Facts 2017. An analysis of European plastics production, demand and waste data.
[2] JRC (2013): Guidance on Monitoring of Marine Litter in European Seas. Luxembourg.
[3] Hidalgo-Ruz, V. et al. (2012):  Microplastics in the marine environment: a review of the methods used for identification and
quantification. DOI: 10.1021/es2031505.
[4] Bertling, J. et al. (2018): Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik.
[5] Heß, M. et al. (2018): Mikroplastik in Binnengewässern Süd- und Westdeutschlands.
[6] Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) (2019): Mikroplastik in bayerischen Seen. Eine Pilotstudie.
[7] Vortrag Samuel Roch, Fischereiforschungsstelle Langenargen
[8] Adam, V. et al. (2019): Toward an Ecotoxicological Risk Assessment of Microplastics: Comparison of Available Hazard and Exposure Data in Freshwater