Unterwasserpflanzen im Bodensee

Typisch für einen natürlicherweise nährstoffarmen See säumen prächtige und vielfältige Unterwasser-Wiesen die Uferzone des Bodensees. Neben ihrer besonderen Ästhetik sind sie von hoher ökologischer Bedeutung. Sie weisen in ihrer heutigen Ausprägung auf eine gute Wasserqualität und die positive Entwicklung des ökologischen Zustands des Bodensees hin.

Angepasst an das Leben unter Wasser

Der Begriff «submerse Makrophyten» wird für untergetaucht lebende Wasserpflanzen verwendet, die mit bloßem Auge erkennbar sind und umfasst sowohl Vertreter der höheren Pflanzen, als auch Moose und Algen, die in ihrem Erscheinungsbild an höhere Pflanzen erinnern. Sie wurzeln im Seeboden oder schweben im Wasser, die Blätter sind entweder untergetaucht oder schwimmen an der Wasseroberfläche. Perfekt angepasst an die Lebensweise unter Wasser nehmen sie Gase wie beispielsweise Kohlenstoffdioxid für die Photosynthese über die Pflanzenoberfläche direkt aus dem Wasser auf. Für einen effizienten Stoff- und Gasaustausch ist diese durch spezielle Blattformen mit zahlreichen Verzweigungen stark vergrößert.

 

Ihre Funktion im Ökosystem Bodensee

Die mit Wasserpflanzen bewachsene Uferzone ist ein wichtiger Bestandteil des Bodensee-Ökosystems, denn die Wasserpflanzen nehmen vielfältige Funktionen wahr. Sie schützen die Ufer vor Wellenschlag und damit vor Erosion. Durch ihre Fähigkeit Nährstoffe zu binden und Sauerstoff mittels Photosynthese zu produzieren, wirken sie sich unmittelbar positiv auf die Wasserqualität aus. Sie bieten Nahrung und wertvollen Lebensraum für eine Vielfalt an Tieren wie Schnecken und zahlreiche Insektenlarven. Auch dienen sie als Aufwuchs-Substrat oder Nährstofflieferanten für Algen, Bakterien oder Pilze. Fische nutzen die Unterwasserpflanzen als Verstecke, für die Eiablage oder als Kinderstube.

 

Die Entwicklung im Bodensee

Zu den wichtigsten Vertretern der Wasserpflanzen im naturnahen Bodensee gehören Laichkräuter und Armleuchteralgen. Im der Vegetationsperiode im Sommer prägen die Laichkräuter das Vegetationsbild in den flacheren Uferbereichen, während die Armleuchteralgen bis in Wassertiefen von 20 bis 30 Meter wachsen können.

Die Entwicklung der Wasserpflanzenvegetation hängt eng mit dem Nährstoffgehalt im Bodensee zusammen. Ursprünglich bedeckten ausgedehnte Unterwasser-Wiesen mit Armleuchteralgen, die tieferen Uferzonen des Bodensees. Bedingt durch eine zunehmende Belastung mit Phosphor in den 1950er und 1960er Jahre gingen ihre Bestände stark zurück. Von den siebzehn dokumentierten Arten im Jahr 1911 schrumpfte die Anzahl vorkommender Armleuchteralgen bis Ende der 1970er Jahre auf lediglich drei. Nährstofftolerante Arten konnten sich ausbreiten und verdrängten die sensiblen Arten zusehends. Mitte der 1980er Jahre zeigten die Bemühungen der IGKB für die Reinhaltung des Bodensees eine erste Wirkung; im Untersee und Überlingersee gediehen wieder ausgedehnte Armleuchteralgen-Rasen. Mitte der 1990er Jahre konnte im Bodensee auch erneut eine größere Artenvielfalt beobachtet werden. Mit fortschreitendem Rückgang des Phosphorgehalts siedelten sich wieder für einen nährstoffarmen See typische Wasserpflanzen an. Inzwischen dominieren die Armleuchteralgen die Unterwasservegetation im Bodensee und die Laichkrautgesellschaft entwickelte sich wieder zu Gunsten belastungsempfindlicher Arten.

Eine Verschiebung zu nährstoffarmen Verhältnissen im Bodensee ist anhand der Entwicklung der auftretenden Makrophyten eindrucksvoll erkennbar. Weitere Einflussfaktoren wie Substratbedingungen, mechanische Störungen z.B. durch Boote oder Badende, der Klimawandel oder gebietsfremde Arten können die heimischen Wasserpflanzen gefährden und zu Veränderungen der Unterwasserpflanzengesellschaften führen.

 

Makrophyten als Bioindikatoren

Makrophyten ermöglichen eine gute Beschreibung des Seezustands hinsichtlich der Nährstoffe (Trophie): in ihrer Ausprägung spiegeln sie das Nährstoffangebot eines Standortes wieder. Besonders reagieren sie dabei auf die Nährstoffe Phosphor und Stickstoff. Während chemische Messwerte Momentaufnahmen sind, geschehen die Anpassungen der Unterwasserpflanzengesellschaften an Veränderungen des trophischen Zustands nur langsam. Die Wasserpflanzen zeigen somit die Nährstoffsituation über einen längeren Zeitraum an. Aber auch biologische Faktoren wie die Konkurrenz durch andere Organismen beeinflussen ihr Vorkommen und ihre Verbreitung. Bei der Kartierung der Wasserpflanzen kommen verschiedene Methoden zur Anwendung, beispielsweise werden sie vom Boot mittels Harken entnommen oder tauchend dokumentiert, vermehrt rückt auch die Entwicklung von Fernerkundungsmethoden in den Fokus. Im Rahmen des Forschungsprojekts SeeWandel wird an der Entwicklung einer automatisierten Fernerkundungsmethode zur Kartierung der Wasserpflanzenbestände geforscht.

 

Schwimmen im naturnahen Bodensee

Bei Badenden, die mit Unterwasserpflanzen in Kontakt kommen, lösen diese nicht immer Freude aus, manchmal sorgen sie sogar für Unbehagen. Die für Menschen völlig harmlosen Wasserpflanzen sind ein wichtiger Teil des sauberen und naturnahen Bodensees. Ausgerüstet mit einer Taucherbrille entpuppen sich die vermeintlichen Störenfriede bei den nächsten Schwimmzügen zu dem was sie sind – eine ästhetische Wiese unter Wasser und ein Tummelplatz für Fische und andere Wasserlebewesen.

Großflächiges Mähen der Unterwasservegetation außerhalb kritischer Bereiche (z.B. Infrastrukturen für Schifffahrt oder Freizeitnutzung) sind aus ökologischer Sicht auf keinen Fall ratsam, denn ein wertvoller Lebensraum geht verloren. Solche Eingriffe müssen wohl überlegt sein und erfordern in der Regel eine Bewilligung der zuständigen Behörde.

 


Fazit

Die positive Entwicklung der Wasserpflanzengesellschaften ist auf den Rückgang des Phosphors und eine Annäherung an naturnahe Verhältnisse im See zurückzuführen. Der Bodensee steht heute vor weiteren grosse Herausforderungen, wie invasive gebietsfremde Arten und der Klimawandel, die das fragile Ökosystem unter Druck setzten. Im Wissen um die wichtige Rolle der Wasserpflanzen im Ökosystem setzt sich die IGKB weiterhin für einen naturnahen Bodensee mit einer vielfältigen Unterwasserflora ein.