Wasserentnahme aus dem Bodensee

Der Bodensee versorgt rund fünf Millionen Menschen mit Trinkwasser. Dieses Faktenblatt beleuchtet die dafür nötige Entnahmemenge und stellt diese auch in Relation zur Gesamt-Wasserbilanz und zu anderen Einflussfaktoren auf den Wasserstand des Bodensees.

Genehmigte und tatsächlich entnommene Wassermengen

Insgesamt beträgt die Summe der tatsächlichen mittleren Wasserentnahmen durch die siebzehn Wasserversorger am Bodensee derzeit 5,39 m3/s. Rund 75 % davon, also 4,12 m3/s, sind auf die Entnahme des Zweckverbandes Bodensee-Wasserversorgung (BWV) zurückzuführen. Die genehmigten Entnahmemengen liegen deutlich höher bei rund 10,65 m³/s.

Die BWV schöpft derzeit nur etwa die Hälfte ihrer genehmigten Wassermenge aus. Mittelfristig zeichnen sich in den Ländern und Kantonen keine großen Veränderungen bei den derzeit genehmigten  Wasserentnahmen aus dem Bodensee ab. Ein möglicher Mehrbedarf bei den Trinkwasserentnahmen wäre aber innerhalb der bestehenden Genehmigungen abdeckbar.

Einfluss auf den Wasserstand des Bodensees haben jene Wasserentnahmen, die nicht zum See zurückgeführt werden.

Aktuell sind dies rund 4,1 m3/s, in erster Linie infolge der Entnahme durch die BWV in Sipplingen, die fast ausschließlich aus dem Einzugsgebiet Bodensee abgeleitet werden. Auch die Regionale Wasserversorgung St. Gallen (RWSG), als zweitgrößte Wasserentnahme mit 0,3 m3/s, führt gut die Hälfte des gewonnenen Wassers in ein anderes System ab.

Die Entnahmemengen schwanken abhängig von der Witterung. So liegt beispielsweise die maximale monatliche Entnahme (Juli 2019) rund 25 % über dem rechnerischen Mittelwert für den Monat Juli, in dem generell die größten Entnahmen stattfinden.

Auch Brauchwasser für die Landwirtschaft sowie Industrie und Gewerbe wird aus dem Bodensee entnommen. Der Bedarf dafür wird in Zukunft aufgrund des Klimawandels voraussichtlich steigen. Verglichen mit den Trinkwasserentnahmen spielt die Entnahme von Brauchwasser jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

Einordnung in die Gesamt-Wasserbilanz

Rund 200 Zuflüsse versorgen den Bodensee mit einer mittleren rechnerischen Wassermenge von 347,2 m3/s. Unter ihnen ist der Alpenrhein bei weitem der bedeutendste, mit einem Anteil von etwa 62 % der Wassermenge aller Zuflüsse. Zusätzlich zu den Fließgewässern bringen auch Niederschläge auf die Wasseroberfläche des Bodensees im Durchschnitt 14,3 m3/s in die Wasserbilanz ein. Grundwasserzuflüsse von 3,5 m³/s spielen eine untergeordnete Rolle.

Dagegen steht ein Abfluss aus dem Seerhein in Konstanz von 348,1 m3/s und eine Verdunstung von 9,2 m3/s (Abbildung 2). Die Wasserentnahmen, die nicht in den See zurückgeführt werden (4,25 m3/s) fallen in der Gesamtbilanz um zwei Größenordnungen kleiner aus als der Ablauf über den Seerhein, sind deutlich geringer als die Verdunstung über die Seeoberfläche und machen nur etwa die Hälfte des aus anderen Einzugsgebieten über Kraftwerksbeileitungen zur Energiegewinnung zugeführten Menge von 8,2 m³/s aus (Abbildung 2).

 

Auswirkung der Entnahmen auf den Wasserstand

Aufgrund der Entnahme von Wasser, das in andere Gewässersysteme eingeleitet wird, konnte in einer Studie aus dem Jahr 1991 eine Wasserspiegelsenkung von 1,7 cm berechnet werden.

Selbst wenn die Genehmigungen voll ausgenutzt und doppelt so viel Wasser entnommen würde, blieben die Auswirkungen auf den Pegel im niedrigen einstelligen Zentimeterbereich. Verglichen mit den saisonalen Schwankungen des Wasserstandes von mehr als 100 cm (Abbildung 3) sind diese wenigen Zentimeter als geringfügig zu beurteilen.

Eine Gleichzeitigkeit der maximalen Wasserentnahmen (Sommermonate) und der niedrigsten Pegelstände (Wintermonate) ist nicht gegeben.

Weitere Einflussfaktoren auf den Wasserstand

Der Vergleich verschiedener Perioden des mittleren Wasserstandes zeigt, wie sich die Einflussfaktoren Wasserkraft, bauliche Maßnahmen am Obersee-Auslauf, Pflanzenwachstum im Seerhein und Klimawandel auf den Wasserstand des Bodensees auswirken (Abbildung 3).

Die Bewirtschaftung der alpinen Speicher mit einem Gesamtvolumen von 783 Mio. m³ führt ab den 1950er Jahren zu einer relevanten Veränderung der mittleren Wasserstände (Vergleich Periode 1864-1950 zu 1951-2023). Sie bringen eine signifikante Reduktion im Sommer sowie eine leichte Erhöhung im Winter.

Auch bauliche Maßnahmen am Übergang vom Obersee zum Untersee in den 1930/1940er Jahren sowie wesentliche Veränderungen der Wasser-pflanzenbestände im Seerhein, insbesondere ab 2007 das enorme Wachstum des Schweizer Laichkrautes, führen ebenso zu relevanten Veränderungen von 20-30 cm Erhöhung der Differenz der Wasserspiegel vom Obersee zum Untersee.

Die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich im Vergleich der Perioden 1961-1990 und 1991-2023. Die mittleren Wasserstände nehmen im Sommer eindeutig ab, im Winter nehmen sie tendenziell zu. Insgesamt zeigt sich eine Reduktion der mittleren Wasserstände im Sommer um rund 40 cm.


Fazit

Der Einfluss der Wasserentnahmen der Wasserversorger auf den Wasserstand des Bodensees beträgt wenige Zentimeter und ist im Vergleich zu den natürlichen Schwankungen von mehr als 100 cm als geringfügig zu beurteilen.

Der Seestand wird dagegen relevant beeinflusst durch die Wasserkraftnutzung, das Wasserpflanzenwachstum am Auslauf Obersee sowie den Klimawandel.

Die Betrachtung der Saisonalität der Entnahmen zeigt, dass eine Gleichzeitigkeit von maximaler Entnahmemenge und niedrigstem Seestand nicht gegeben ist. Die Wasserentnahmen der Wasserversorger führen zu keinen relevanten negativen Auswirkungen auf den Bodensee.